Mit dieser Stellungnahme bezieht der Vorstand des Deutschen Quidditchbunds e.V. (DQB) Stellung zu einer am vergangenen Sonntag in diversen Facebookgruppen veröffentlichten Beschwerde über den vermeintlich trans*feindlichen Hintergrund eines Teams, der zuvor Gegenstand eines DQB-internen Beschwerdeprozesses war.

Die Beschwerde erfolgte durch das Team Hannover Niffler über das Team Swooping Evils. Beide Teams sind oder waren zu unterschiedlichen Zeitpunkten Mitglieder der Sportgemeinschaft von 1874 Hannover e.V. (SG74), welche als Verein ordentliches Mitglied im DQB ist.
Die Beschwerdeführer*innen gaben an, die Swooping Evils seien nach einigen trans*feindlichen Äußerungen von Seiten ihrer Mitglieder einzig aus dem Zweck gegründet worden, die Trans*person im Team der Hannover Niffler auszuschließen. Diese Beschwerde wurde vom DQB unter Einbeziehung beider Parteien geprüft.

Die Inhalte des Beschwerdeprozesses wurden vom DQB durchweg vertraulich behandelt und daher nicht in die öffentlichen Vorstandsprotokolle aufgenommen. Dies entspricht der generellen Vorgehensweise bei der Bearbeitung von Beschwerden, um Vorverurteilungen durch Dritte aufgrund von unvollständigen Informationen zuvorzukommen.
Diese öffentliche Stellungnahme erfolgt in Reaktion auf die Veröffentlichung der Perspektive der Hannover Niffler am vergangenen Sonntag. Der DQB möchte hiermit die eigene Sichtweise und die zugehörigen internen Prozesse offen legen.

Bereits im Januar 2018 wurde der DQB von Seiten der Hannover Niffler über Uneinigkeiten im Team informiert, die zumindest teilweise auf vermeintlich trans*feindlichen Äußerungen einer Person basierten. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die verschiedenen Parteien des Teams wiederholt zusammengesetzt und versucht, einen Konsens zu finden.
Nachdem die Gespräche zwischen den beiden Parteien zu keiner Lösung geführt hatten, wendeten sich die Teams an ihren Verein und der Verein an den DQB. In einem Telefonat sowie anschließendem Schriftverkehr mit einem Mitglied des DQB-Vorstands über die Situation bestätigte ein unbeteiligter Vertreter der SG74, dass es in Zukunft zwei Teams im Verein der SG74 geben sollte. Die von der SG74 eingesetzte Kontaktperson zum DQB sollte allerdings sowohl für die Swooping Evils als auch die Hannover Niffler sprechen.
Der DQB nahm diese Lösung zunächst an. Gleichzeitig wurde darauf verwiesen, dass, sollte trans*feindliches Verhalten stattgefunden haben, der Weg einer offiziellen Beschwerde offen steht.

Dieser Prozess erfolgt stets auf dieselbe Weise: Beschwerden an den DQB können über die Webseite des DQB eingereicht werden und erreichen den*die Präsident*in. Nach Eingang einer Beschwerde wird diese wie folgt bearbeitet:
1. Prüfung der Einsendung durch den*die Präsident*in (Handelt es sich tatsächlich um eine Beschwerde?), dann Weitergabe an den Vorstand zur Diskussion in der nächsten Sitzung.
2. DQB-Vorstand prüft, ob die Beschwerde innerhalb des Aufgaben- und Befugnisbereichs des DQB liegt. Prüfung der zuständigen Stelle, falls dies nicht der Fall ist.
3. Klärung etwaiger Rückfragen mit dem*der Beschwerdesteller*in
4. Kontaktaufnahme mit der Person oder dem Team, über das die Beschwerde vorliegt. Die Beschwerde wird entweder im Wortlaut oder in zusammengefasster Form weitergegeben. Danach hat dann der*die Angeschuldigte oder das angeschuldigte Team Gelegenheit, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen. Dies kann schriftlich oder in persönlichem Kontakt, beispielsweise via Skype geschehen.
5. Auswertung aller Informationen im Vorstand, Entscheidung basierend hierauf.
6. Archivierung der Beschwerde und aller relevanten Informationen zur möglichen Referenz in zukünftigen Beschwerdeprozessen.

Das Social Impact Team kann, wenn nötig, eingebunden werden und war in diesen speziellen Beschwerdeprozess auf zweierlei Arten involviert: zum Einen ist eine der betroffenen Personen auf Seiten der Hannover Niffler Mitglied des Social Impact Teams, zum Anderen wurde mindestens eine weitere Person aus dem Social Impact Team schon vor dem Kontakt der Hannover Niffler mit dem DQB-Vorstand von der Problematik unterrichtet. Der DQB-Vorstand befand es daher nicht für notwendig, sich noch einmal mit der grundlegenden Thematik an das Social Impact Team zu wenden. Eine eigenständige Rückfrage des Social Impact Teams an den Vorstand im Februar wurde innerhalb weniger Tage beantwortet. 

Die Beschwerde der Hannover Niffler wurde am 6. April 2018 eingereicht und in der folgenden DQB-Vorstandssitzung am 8. April 2018 besprochen. Der konkrete Wortlaut der Beschwerde ist in der von den Hannover Nifflern veröffentlichen Datensammlung zu finden. Da von trans*feindlichen Äußerungen in einem bestimmten Kontext gesprochen wurde, ohne näher auf die tatsächlichen Äußerungen einzugehen, wurde vom Vorstand noch einmal bei den Nifflern um Spezifizierung gebeten. Die Niffler erläuterten den Kontext, betonten aber gleichzeitig, dass es ihnen in der Beschwerde nicht um einzelne trans*feindliche Momente ging. Vielmehr gehe es darum, dass die Swooping Evils vorrangig aus dem Grund gegründet worden seien, die Trans*person im Team der Niffler sowie ihre Unterstützer*innen auszuschließen.

Zum Zeitpunkt der Beschwerde der Hannover Niffler waren die Niffler das einzige offiziell im DQB gemeldete Team der SG74. Der erste formale Antrag der Swooping Evils auf Mitgliedschaft im DQB erfolgte am 10. April 2018; dieser wurde bereits vor der inhaltlichen Prüfung durch den DQB-Vorstand aufgrund eines Formfehlers abgelehnt (Antrag auf Vollmitgliedschaft für die SG74 statt Antrag auf Zweitteam der SG74). Der verbesserte Antrag wurde am 23. April erneut eingereicht. Der Vorstand beschloss daraufhin in der Prüfung des Mitgliedschaftsantrags, diesen für die Dauer der Bearbeitung der Beschwerde der Niffler auf Eis zu legen. Die Swooping Evils wurden hierüber informiert.

Anschließend wandte sich der DQB auf Grundlage der zuletzt getätigten Aussagen der Hannover Niffler an die Swooping Evils und konfrontierte sie mit den Vorwürfen bezüglich ihrer Teamgründung und des trans*feindlichen Verhaltens von Teammitgliedern. Die Swooping Evils haben diese Auffassung klar von sich gewiesen und erklärten ihre Teamgründung mit Differenzen innerhalb des Teams. Genauere Informationen hierzu liegen dem DQB vor; diese können wir jedoch ohne Absprache mit dem Team aus Gründen der Vertraulichkeit nicht offenlegen. Die Swooping Evils räumten ein, dass es zumindest in einer Instanz zu einer trans*feindlichen Äußerung gekommen, sich für diese aber entschuldigt worden sei.

Der Vorstand hat sich mit dieser Stellungnahme auseinandergesetzt und ist zu dem bereits mitgeteilten Ergebnis gekommen: Die Beschwerde darüber, die Swooping Evils seien mit der Zielsetzung gegründet worden, Trans*personen und deren Unterstützer*innen auszuschließen, lässt sich nicht belegen. Während beide Seiten das Vorkommen einer trans*feindlichen Äußerung einräumen, stehen zwei gegensätzliche Aussagen zum weiteren Umgang mit dieser Situation im Raum. Auch zur Motivation der Teamgründung der Swooping Evils stehen die Aussagen der beiden Teams gegeneinander.
Zusammenfassend kann auf Basis der vorliegenden Informationen und Stellungnahmen beider Parteien kein klares Urteil gefällt werden. Eine Sanktionierung der Swooping Evils als komplettes Team ist daher nicht angebracht. Zu diesem Zeitpunkt werden keine formellen Maßnahmen eingeleitet.

Während der Bearbeitung der Beschwerde zogen die Hannover Niffler selbst Konsequenz aus den Auseinandersetzungen mit den Swooping Evils und trafen die Entscheidung, aus der SG74 auszutreten. Der Austritt erfolgte zum 1. Juli 2018. Die Hannover Niffler gehören damit gegenwärtig keinem DQB-Mitgliedsverein an. Nach Abschluss des Beschwerdeprozesses wurde dem Antrag der Swooping Evils auf Anerkennung als Team der SG74 stattgegeben.

Abschließend möchten wir klarstellen, dass Trans*feindlichkeit im Deutschen Quidditchbund nicht toleriert wird. Die Inklusion von Menschen in unsere Sportart, die sich nicht in das binäre Geschlechtssystem einordnen können oder wollen, ist darüber hinaus für uns überaus wichtig. Der DQB hat zu keinem Zeitpunkt Verständnis für trans*feindliches Verhalten geäußert. Die entsprechende E-Mail, auf die die Niffler in ihrer Prozessdokumentation Bezug nehmen (16. Februar), war zugegebenermaßen missverständlich formuliert; in einer Folgemail fand eine Klarstellung diesbezüglich statt (27. Februar).
Der DQB-Vorstand hat die Beschwerde der Niffler sehr ernst genommen und sich über mehrere Monate hinweg intensiv mit der Problematik auseinandergesetzt. Die im Rahmen des Beschwerdeprozesses erhobenen Statements von beiden Seiten lieferten jedoch, wie oben geschildert, keine Veranlassung für weitere Maßnahmen von der Verbandsseite. Insbesondere sehen wir uns im Rahmen des Beschwerdeverfahrens insoweit rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet, als wir bei sich widersprechenden Aussagen, wenn keine weiteren Indizien vorliegen,nicht annehmen können, dass eine Anschuldigung mehr Wahrheitsgehalt hat als eine andere. Der Beschwerde wurde daher nicht stattgegeben.

Unabhängig davon irritiert uns das Vorgehen der Hannover Niffler im Nachgang der Beschwerde. Am 30. Juli erhielten wir eine E-Mail, in der wir gebeten wurden, umfassend Stellung zum Verfahren zu beziehen und transparent offenzulegen, wie wir zu unserer Entscheidungen gekommen sind. Hinsichtlich der Bereitschaft hierzu herrschte intern Konsens, allerdings war die turnusgemäß nächste Vorstandssitzung, auf der eine solche Stellungnahme hätte beschlossen werden können, am Sonntag den 5. August um 21.00 Uhr. Leider kamen die Hannover Niffler uns mit einem umfassenden Statement im Laufe des 5. August zuvor. Eine Möglichkeit zur vorherigen Stellungnahme hierzu, über die wir uns angesichts der erhobenen Vorwürfe gefreut hätten, erhielten wir nicht. Eine Kurzfassung des hier vorliegenden Statements wurde aufgrund der Entwicklungen am 5. August am Abend des 6. August vorab als Antwort auf die Aufforderung der Niffler verschickt. Wir erkennen an, dass die Thematik für die betroffenen Personen überaus wichtig ist und wir im Management der Beschwerde durchaus zügiger und offener hätten kommunizieren können. Wir bedauern, dass die Situation dazu geführt hat, dass einige Spieler*innen sich gänzlich vom Sport abgewendet haben. Gegen den im Statement der Hannover Niffler vorhandenen, impliziten Vorwurf, wir als Verband, Vorstand oder Einzelpersonen wären trans*feindlich, verwahren wir uns ausdrücklich.

Obgleich dieser Beschwerdeprozess nicht der erste war, mit dem sich der DQB-Vorstand auseinander setzen musste, nahm er doch eine besondere Stellung ein. Dies liegt sowohl an der Länge des Verfahrens inkl. Vorgeschichte, als auch am zugrunde liegenden Thema, das sowohl im Verband als auch in der Quidditchgemeinschaft eine zentrale Rolle einnimmt. Basierend auf den Erfahrungen der vergangenen Monate werden zeitnah die folgenden Schritte eingeleitet:
– Der aktuelle Vorstand und der in der kommenden Mitgliederversammlung neu gewählte Vorstand werden den allgemeinen Ablauf des Beschwerdeverfahrens gemeinsam überarbeiten. Ein Dokument, das den Ablauf vom Einreichen der Beschwerde bis hin zur Entscheidung nachvollziehbar darlegt, wird im Anschluss auf der DQB-Homepage veröffentlicht.
– Die öffentliche Diskussion innerhalb der deutschen Quidditchgemeinschaft in Reaktion auf die Veröffentlichungen der Hannover Niffler hat gezeigt, dass das Thema Genderintegration auf verschiedene Arten wahrgenommen wird. Es besteht, auch von Verbandsseite, Nachholbedarf dazu, wie wir unterschiedliche Perspektiven auf respektvolle Weise in einer Community vereinen können. Wir hoffen beim weiteren Weg in diese Richtung auf Unterstützung und Input aus der Quidditchgemeinschaft.
– Vorschläge und anderweitige Gedanken zum Thema können jederzeit an DQB-Präsidentin Nina Heise bzw. ihre*n Nachfolger*in gerichtet werden (president[at]deutscherquidditchbund.de). Auch das Social Impact Team steht als Ansprechpartner*innen zur Verfügung (socialimpact[at]deutscherquidditchbund.de).

Der Vorstand des Deutschen Quidditchbund e.V.
Nina Heise (Präsidentin), Niklas Müller (Vizepräsident), Nadine Cyrannek (Abteilungsleiterin Teambetreuung), Matti Gantenberg (Abteilungsleiter Spielbetrieb), Roman Kehrberger (Schatzmeister), Juliane Schillinger (Abteilungsleiterin Öffentlichkeitsarbeit)